EVALOG – Evaluierung im Dialog (Juli 2017 – Dezember 2018)

In Österreich sind (Stand: 2015) 488.286 aktive Unternehmen mit insgesamt 3.262.130 Beschäftigten registriert. Von diesen haben 196.841 Unternehmen 1-9 unselbständig Beschäftigte – im Folgenden als Kleinstbetriebe bezeichnet – und 39.194 Unternehmen 10 und mehr Beschäftigte (den Rest stellen 252.251 Unternehmen ohne unselbständig Beschäftigte). In den Unternehmen mit 1-9 Beschäftigten arbeiten insgesamt 717.060 Menschen; in den Unternehmen mit 10 und mehr Beschäftigte 2.318.110. Damit arbeitet rund ein Drittel aller ÖsterreicherInnen in Kleinstbetrieben und es gibt in Österreich fünf Mal so viel Kleinstbetriebe als Unternehmen mit 10 und mehr Beschäftigten.

Insbesondere für Kleinstbetriebe ergeben sich bei der Umsetzung der vom Gesetzgeber für ArbeitgeberInnen vorgeschriebenen Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz jedoch einige besondere Herausforderungen. In Kleinstbetrieben mit weniger als 10 Beschäftigten, die zudem meist noch nach Tätigkeitsgruppen differenziert werden müssen …

1.    ist die Gewährleistung der Anonymität, verbunden mit der Furcht vor einer möglichen Stigmatisierung betroffener Beschäftigter – egal welche Methoden und Verfahren zum Einsatz kommen – eher kaum gegeben;

2.    ist der Einsatz von Fragebögen, mit dem Ziel statistisch zuverlässige Aussagen zu erlangen, nicht zu empfehlen, da selbige nur bei einer größeren Anzahl von Beschäftigten sinnvoll auswertbar sind;

3.    stoßen Verantwortliche in Betrieben bei moderierten Gruppendiskussionen aufgrund von Befangenheit und Rollenkonflikten aber auch infolge methodischer Unsicherheiten schnell an die Grenzen ihrer Prozessverantwortung;

4.    setzen Beobachtungsinterviews nicht nur hohe Methodenkenntnisse voraus, die von betrieblichen Praktikern üblicherweise nicht erwartet werden dürfen, sondern – auch wenn hier grundsätzlich personenunabhängige Merkmale analysiert werden sollen – insbesondere auch ein sehr hohes Vertrauensverhältnis zwischen der Untersuchungsperson und der/m Untersuchenden, da gerade bei dieser Methode spezifische, möglicherweise auch für den Beschäftigten belastende Details sichtbar werden;

5.    mangelt es (verständlicherweise) in den allermeisten Kleinstbetrieben an ausgebildeten Fachkräften, die sich bereits mit dem komplexen Thema „psychische Belastung“ auseinandergesetzt haben und die im Anschluss an eine Bestandsaufnahme auch in der Lage sind, arbeitspsychologisch fundierte und arbeitsrechtlich konforme Maßnahmen zu entwickeln und zu implementieren.

Um den gesetzlichen Anforderungen zur Umsetzung des ASchG zu entsprechen, besteht daher insbesondere für Kleinstbetriebe (bzw. auch für Einzelarbeitsplätze in größeren Organisationen, die sich nicht anderen, übergeordneten Tätigkeitsgruppen zuordnen lassen) ein hoher Bedarf für …

                  I.        ein niedrigschwelliges und anwendungsfreundliches (aber wissenschaftlich fundiertes) Verfahrens zur Evaluierung psychischer Belastungen,

                II.        welches im Rahmen eines vertrauensvollen Face-To-Face Dialogs

               III.        unter Zuhilfenahme eines kompakten und praktisch handhabbaren Leitfadens (Wegweiser)

               IV.        von verantwortungsbewussten betrieblichen Verantwortungsträgern

zum Einsatz gebracht werden kann.

 

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen verfolgen wir die folgenden Projektziele:

                  I.        Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines weitgehend standardisierten und ökonomischen Verfahrens auf Basis des wissenschaftlich fundierten KFZA – Kurzfragebogen zur Arbeitsanalyse (Prümper et al., 1995; Prümper, 2010) zur Umsetzung sämtlicher Schritte einer Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen nach ASchG zur praktischen Anwendung für die oben spezifizierte Zielgruppe der Kleinstbetriebe bzw. Tätigkeiten an Einzelarbeitsplätzen in größeren Organisationen. Das Verfahren ist dabei so niedrigschwellig und anwendungsfreundlich zu gestalten, dass es auch für vorher nicht mit der Thematik betraute Personen durchführbar ist.

                II.        Hierbei soll – im Unterschied zur klassischen Anwendung des KFZAs anhand einer kollektiven, anonymen Befragung aller Beschäftigten – ein Verfahren im Rahmen eines vertrauensvollen Face-To-Face Dialogs (bis zu 3 Personen) entwickelt werden, das den gesetzlichen Anforderungen einer Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung entspricht und gleichzeitig an die spezifischen Besonderheiten in Kleinstbetrieben angepasst ist.

               III.        Das Verfahren selbst sowie umfassende, aber praxisgerechte Informationen zur Umsetzung der Gefährdungsevaluierung sollen für AnwenderInnen in einem „Wegweiser Evaluierung psychische Belastung in Kleinstbetrieben“ benutzerfreundlich dargestellt werden. Ziel ist es, einen Wegweiser zu gestalten, der die benötigten Formulare und alle weiteren benötigten Materialien beinhaltet, die zur Durchführung der Evaluierung notwendig sind. Das Gesamtpaket mit allen für AnwenderInnen benötigten Informationen, inklusive des Wegweisers sowie der notwendigen Formulare, soll in einer Medienmappe zusammengefasst werden.

               IV.        Psychische Belastung im Rahmen eines MitarbeiterInnengesprächs anzusprechen, ist sowohl für den/die ArbeitgeberIn als auch für den/die ArbeitnehmerIn kein leichtes Unterfangen. Insbesondere im Rahmen eines Face-To-Face-Dialogs ist es unerlässlich, dass eine Gesprächsatmosphäre geschaffen wird, in der/die ArbeitnehmerIn offen über arbeitsbedingte psychische Belastung sprechen kann. Deshalb soll der Wegweiser den AnwenderInnen Empfehlungen in Bezug auf die Gesprächsführung während des Interviews mit den ArbeitnehmerInnen, sie über die Hintergründe und Konsequenzen psychischer Belastungen und Beanspruchungen aufklären und auch über rechtliche Rahmenbedingungen informieren.

Das Verfahren soll anhand der Kriterien des Integrativen Baukastensystems für Evaluationen im Präventionsbereich der AUVA begleitend auf Wirksamkeit überprüft und evaluiert werden und die betroffene Zielgruppe mithilfe von Partnerbetrieben eng in die Entwicklung und Evaluation des Verfahrens eingebunden werden.

 

In einem Technical Report wird die Gebrauchstauglichkeit des entwickelnden Verfahrens dokumentiert. Nach Entwicklung und Evaluierung soll über das Verfahren im Rahmen einer Transferveranstaltung informiert werden, um es sodann in die praktische Umsetzung zu übertragen und potenzielle AnwenderInnen zu erreichen. 

 

bao - Büro für Arbeits- und Organisationspsychologie GmbH

 

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